Bericht Titel: Kreuzfahrt auf der AIDA Blu, ab Warenmünde, Ostsee
ID: A KF-AIDA-WA_OSEE-05-03-2013
Name / Pseudonym: Buddelschiff
Angaben Handicap
Grad der Behinderung (GdB): 80
Klassen (G,B,aG,H,BL,GL,RF): B, G, aG
Rollstuhlabhängigkeit: ja, kurze Strecken zu Fuß sind möglich
Art der Behinderung:
nähere Beschreibung:
Angaben Ausflug - Reise - Urlaub
Land: Kreuzfahrt Ostsee
Bundesland, Kanton, Bezirk:
Stadt/Ort: Warnemünde, Tallinn, St. Petersburg, Helsinki,Stockholm,Danzig,Kopenhagen,Warnemünde
PLZ, ZIP:
Name Unterkunft: Schiff: AIDA blu
Strasse:
Telefon:
e-Mail:
Datum der Reise
von: 28.09.2012
bis: 08.10.2012
Bericht Text:
Warnemünde
Ich habe im September 2012 die Ostseeroute gemacht. Ich kann ein paar Schritte laufen und es war meine allererste Tour mit Rollstuhl.
Warnemünde ist der ideale Auftakt, um in Ruhe alle Kopfsteinpflastersorten, die es so gibt, zu testen.
Wir haben im Hotel Troja übernachtet, welches in keinster Weise barrierefrei ist. Die Vorteile: es liegt zentral, der Parkplatz kostet 5 € pro Tag und man wird zum Hafen gebracht und wieder abgeholt.
Wie gesagt, in der Stadt wechseln sich diverse Bepflasterungen ab aber es gibt auch "ruhige" Abschnitte. Viele Läden und Restaurants haben Treppen zum Eingang, Rampen sind eher selten und wenn, dann sehr abenteuerlich. Am Leuchtturm ist ein großes Hotel, wo man die behindertengerechte Toilette benutzen kann. Die Strandpromenade ist sehr schön ausgebaut, nur leider sieht man das Meer von dort aus nicht. Die Strandaufgänge sind mit Holzbohlen versehen, so dass man so in die "Nähe" des Wassers kommt.
Wir haben einen Ausflug nach Rostock gemacht. Die Fußgängerzone ist sehr schön und angenehm zu befahren. Der Hafenbereich ist ziemlich öde.
Die AIDAblu vor Warnemünde (Quelle: Wikimedia, Grand-Duc)
Beim Einchecken sind alle hilfsbereit. Die Koffer konnten wir den netten Mitarbeitern überlassen und es gab einen separaten Schalter für Rollifahrer. Somit waren wir sehr zügig an Bord und konnten unsere barrierefreie Kabine sofort beziehen. Die Kabine hat ein rolligerechtes Bad. Der Abstand zwischen Bett und Kleiderschrank war etwas knapp bemessen. Um die Schranktüren öffnen zu können, musste man mehrmals „rangieren“. Schiebetüren wären praktischer gewesen. Ein kleines Hindernis ist die Kabinentür mit kleiner Schwelle. Da die Türen selbstschließend und somit sehr schwer sind, ist das „Hüpfen“ über die Schwelle bei gleichzeitigem Türaufhalten eine Herausforderung.
An Bord selbst funktioniert mit Rollstuhl alles sehr gut. Es gibt genügend behindertengerechte Toiletten in den öffentlichen Bereichen. Im Marktrestaurant werden in der ersten halben Stunde mehrere Tische für Rollifahrer reserviert, so dass man nicht zwingend mit den anderen Passagieren um die Wette laufen muss, um einen Tisch zu ergattern ( Aber das macht manchmal auch Spaß - und erst recht, wenn man gegen die "Zweibeiner" gewinnt) Zur Seenotrettungsübung mussten wir uns bereits beim Crewalarm auf den Weg machen, weil dann die Aufzüge noch funktionieren.Zum Ende der Übung durften ich und ein weiterer Rollifahrer vor dem offiziellen Ende uns schon auf den Weg zu den Aufzügen machen. Nett gemeint, allerdings wurden wir von der übrigen Menschenmenge hoffnungslos überrannt und standen bzw. saßen mit langen Gesichtern vor den nicht mehr vorhandenen Aufzügen.Da ist noch erheblicher Inklusionsbedarf.
Der erste Tag war ein ruhiger Tag auf See mit Sonne.
Tallinn
Tallinn ist eine sehr schöne Stadt - aber niemals wieder mit Rollstuhl.
Es gibt keine Straße ohne Kopfsteinpflaster, die Bordsteinkanten sind extrem hoch. Auf den schmalen Gehwegen sind Schlaglöcher und eingelassene Regenrinnen.
Wir haben alle wichtigen Sehenswürdigkeiten abgefahren.
Zum Domberg hoch ist ein Teil der Straße mit Platten versehen, so dass man dort rüttelfrei hochkommt.Allerdings ist es für den "Schiebeknecht" sehr anstrengend, da es sehr steil ist.
Nach ein paar Stunden waren mein Mann und ich total fertig und haben uns auf den Rückweg gemacht.
Ein anderes Paar mit Rolli kam uns entgegen und bemerkte nur "It's hard work". Ein wahres Wort!!
St. Petersburg
Wir hatten einen Minibus mit privater Reiseleitung http://petersburgsreisen.com/ gebucht, nicht ganz preiswert aber es lohnt sich.
So konnten wir selbst entscheiden wo und wie oft ich in den Bus hinein- und wieder hinausklettern muss. Und in einen Minibus zu klettern ist für Gehbinderte "angenehmer" als in einen großen Reisebus.
Um 10 h ging es los, bei der Passkontrolle wurden wir an den Warteschlagen vorbeigeschleust und bekamen einen Extra-Schalter.
Zuerst sind wir zum Peterhof gefahren. Die Wege sind rolligerecht, bis auf kurze Kopfsteinpflaster-Regenrinnen. Es gibt keine behindertengerechten Toiletten. In einem kleinen Pavillion wurde die Herrentoilette kurzfristig für mich gesperrt, da dort mehr Platz war.
Wir sind in Ruhe durch den Park geschlendert bzw. gefahren und konnten die Fontänen ausgiebig bestaunen.
Anschließend fuhren wir zum Cafe "Stolle". Dort gibt es leckere Teigtaschen, süß oder herzhaft. Der Eingang ist nicht barrierefrei, da muss man etwas kraxeln.
Danach fuhren wir zur Marine Nikolaus Kirche. Eine Stufe ist am Eingang zu überwinden und die Türen sind etwas eng. Es waren sofort helfende Hände zur Stelle.
Weiter ging es zur Isaakskathedrale. Dort gibt es zwei Lifte. Der am Haupteingang war defekt und somit mussten wir einmal um die Kathedrale laufen und den zweiten Lift benutzen. Dafür musste erstmal ein Mitarbeiter kommen, der sich mit der Bedienung nicht auskannte. Zum Glück kann ich etwas laufen und bin dann die paar Stufen hoch gegangen. Wir sind dann durch den eigentlichen Ausgang in den Innenraum gelangt. Dafür wurde auch schnell eine Rampe ausgebreitet. Der Rückweg war ebenso abenteuerlich. Aber es wurde ein Mitarbeiter gefunden, der die Technik des Liftes beherrschte. Dieser Lift fährt allerdings im Zeitlupentempo...zu Fuß wäre ich trotz Handicap schneller gewesen. Der gute Wille zählt.
Letzter Programmpunkt war die Blutskirche. Dort sind Rampen an Ein- und Ausgang vorhanden und auch wieder enge Türen. Das Innenleben dieser Kirche lohnt sich wirklich.
Nach 8 Stunden sind wir zum Schiff zurückgekehrt.
Der 2. Tag
Wieder helfen uns freundliche AIDA-Crew-Mitarbeiter beim Verlassen des Schiffes. Nach einer Stunde Fahrt erreichen wir den Katharinenpalast. Nochmals lassen wir die Warteschlange links liegen und werden durch einen Nebeneingang ins Gebäude geführt. Per Aufzug sind wir plötzlich mitten in den Palasträumen. An manchen Stellen wird es aufgrund der Menschenmenge ziemlich eng, es sind mir aber keine Füße unter die Räder gekommen. Nach etlichen prunkvollen Zimmern inklusive des Bernsteinzimmers sind wir auf dem gleichen Weg wieder ins Freie gelangt.
Frisch gestärkt nach der Mittagspause fuhren wir zum Schlossplatz, die Eremitage haben wir nur von außen bestaunt.Eine Bootsfahrt stand als nächstes auf dem Programm. Zum Bootssteg geht es einige Stufen hinab. Es wurden zwei Metallrinnen als Rampe zurechtgelegt. Nett gemeint, aber nicht ratsam. Auf halber Strecke sind zwei Räder meines Rollis aus der Rinne gerutscht. Mein Mann konnte mich mit viel Mühe und Kraft nach unten bugsieren. Ich hatte mich schon im Fluss paddeln sehen. Der Rolli wurde im Boot verstaut und so konnten wir bei tollem Wetter die Bootstour genießen. Am Ende der Tour habe ich auf die wacklige Rampe verzichtet und bin die Treppen zu Fuß gegangen.Der letzte Fotostopp war die Wassilispitze mit Blick auf die Peter-und-Paul-Festung und Winterpalast. Diese "Ecke" ist mit Kopfsteinpflaster versehen. Außerdem ist sie sehr beliebt bei Brautpaaren. Schön anzusehen, allerdings muss man auf seine Räder aufpassen, da dort einige Gläser zerschmettert werden.
Mit heilen Rädern aber sehr erschöpft waren wir nach 6 1/2 Stunden wieder auf der AIDA.
Helsinki
Um 10 h sind wir mit dem Hop on Hop off Bus gestartet. Der erste Stopp war am Domplatz. Es gibt dort eine Rampe, Man muss auf der linken Seite des Doms die Straße hinauf und dann ein kleines Stück nach rechts.Allerdings gibt es keine Rampe, um in den Dom zu gelangen. Wenn man nicht nur die schöne Aussicht genießen möchte, muss man 6 Stufen überwinden. Das Innere des Doms ist sehr schlicht, gegenüber den prunkvollen Kirchen in St.Petersburg ziemlich kahl.Weiter ging es zum Felsendom per Bus.
Eigentlich wollten wir anschließend zu Fuß zum Sibelius-Monument, haben uns dann aber leider völlig verlaufen und landeten irgendwann wieder am Felsendom. Von dort sind wir mit dem nächsten Bus vorbei am Monument zum Olympiastadion gefahren. Nun ja, muss man nicht zwingend sehen. Zurück in der City waren wir noch etwas shoppen, manche Läden haben im Inneren Stufen.
Als wir zum Schiff wollten, war der Bus natürlich übervoll. Dank netter Mitfahrer konnten wir uns noch dazu quetschen.
Alles in allem fanden wir Helsinki nicht so spektakulär.
Stockholm
11 Grad und Dauerregen, das macht weder Rollifahrern noch Fußgängern Spaß.
Da ich ein wenig kraxeln kann, sind wir von der AIDA direkt in die gelben Hop-on-off-Boote umgestiegen. Am Schloss sind wir ausgestiegen und sind über das Kopfsteinpflaster zum Eingang geschuckelt. Die Schlossräume sind barrierefrei zu erreichen und die Begleitperson zahlt nix. Nach der Wachablösung, die bei diesem S..wetter sehr sparsam ausfiel, wollten wir noch die Schatzkammer besichtigen. 2x 4 Stufen muss man überwinden, dann geht es mit dem Aufzug in die Tiefe. Wenn man das Schloss Richtung Schlossplatz verlässt, sind auf der linken Seite barrierefreie Toiletten. Ein netter Mitarbeiter ist mit uns tapfer durch Wind und Regen dorthin gestapft und hat uns eine weitere Eingangstür aufgeschlossen und man war sofort am kostenlosen stillen Örtchen.
In einem Cafe haben wir uns bei Cappucino und Zimtsschnecke wieder aufgewärmt. Nach einem kleinen Bummel durch die holperige Altstadt sind wir mit dem nächsten Boot zum Vasamuseum. Auch hier muss nur eine Person bezahlen und die gesamte Ausstellung ist barrierefrei. Danach ging es zurück zum Schiff.
Kaum waren wir dort, kam die Sonne durch. Tja, Pech gehabt. Bei schönerem Wetter hätten wir uns gerne noch mehr angesehen.
Es folgte ein Seetag, wo wir bei schönem Wetter stundenlang durch die Schärenlandschaft gefahren sind.
Danzig
Wir hatten den AIDA-Ausflug „Stadtrundgang und Freizeit“ gebucht. Für mich gab es einen reservierten Platz direkt vorne im Bus. Das muss man allerdings vorher bei den Scouts anmelden. Unser Reiseleiter Georg hat uns auf der Busfahrt zugetextet. Vom grünen Tor ging es über die Dluga zum Artushof, Neptunbrunnen, Rathaus und zum goldenen Tor. Bis hierhin ist alles halbwegs gut mit Rolli befahrbar.
Die Marienkirche haben wir nur von außen gesehen, da dort gerade eine Messe stattfand. Wir hatten keine Lust , 20 Minuten zu warten und haben uns vorzeitig in die Freizeitphase abgesetzt. Ab der Marienkirche Richtung Frauengasse wird es ungemütlich. Kopfsteinpflaster die ganze Gasse entlang. Entlang der Motlau sind wir zum Krantor gegangen, hier ist der Straßenbelag wieder angenehmer.
Um 14 Uhr ging es dann zurück. Die Zeit hat völlig ausgereicht. Unser Reiseleiter wollte dann unbedingt den kürzesten Weg zum Bus nehmen - und der ging etliche Treppenstufen hinab. Auf meinen dezenten Hinweis, ob er mich bisher "übersehen" hat, wollte er mich doch tatsächlich mit dem Rolli die Treppen heruntertragen. Der gute Mann war mindestens 70 Jahr alt. Zum Glück haben dann ein paar Mitfahrer angepackt. Alle anderen Reisegruppen der AIDA sind den barrierefreien Weg zum Bus gelaufen. Was diese Aktion sollte...?? Dafür gab es auch kein Trinkgeld für Georg.
Kopenhagen
Da wir schon mal in Kopenhagen waren, haben wir es zum Abschluss der Reise ruhig angehen lassen. Bei schönem Wetter sind wir zu Fuß/per Rolli vorbei an der Meerjungfrau zum Schloss gelaufen und haben uns den Wachwechsel angesehen. Danach ging es zum Schloss Rosenborg. Dort sind wir durch den Park geschlendert, im Schloss selbst waren wir nicht. Anschließend ging es zum Runden Turm. Das ist ein Aussichtsturm in der City. Früher ist dort Peter der Große mit seinem Pferd hinaufgeritten, er ist also ohne Treppenstufen. Allerdings nicht bis ganz zum Ende, dort warten 60 Treppenstufen bis zur Plattform. Mein Mann hat mich bis zur ersten Etage hochgeschoben, dann reichte es ihm. Dort hat er mich in einer Kunstausstellung "abgestellt" und hat den Turm allein erklommen. Die Abfahrt war dafür umso lustiger - bitte auf den Gegenverkehr achten!
Die Fußgängerzone ist gut befahrbar. Nach einer teuren Kaffeepause am Nyhavn sind wir zum Schiff zurückgegangen.
Ein entspannter Tag....
Zum Abschluss waren wir noch 3 Tage in Schwerin mit einen Abstecher nach Wismar.
Dort haben wir es uns einfach gutgehen lassen und auf Besichtigungen von Schlössern und Kirchen weitestgehend verzichtet.
Alles in allem: tolle Städte, viel gesehen...aber für Rollifahrer sehr anstrengend.